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  • Die Anfänge der Fliegerei

    Tauchen Sie ein in die spannende Geschichte der Luftfahrt und entdecken Sie die bahnbrechenden Innovationen, die die Welt des Fliegens geprägt haben.

Alphonse Pénaud – Vordenker der modernen Luftfahrttechnik

Nach den Erfolgen mit seinen Gummimotor- Flugmodellen befasste sich Alphonse Pénaud mit dem Entwurf und dem Bau eines großen Motorflugzeuges

Ende 1875, als Pénaud einen Vortrag vor der Französischen Luftfahrtgesellschaft

hielt, behauptet er, dass die Entwicklung der Luftfahrt beim Thema „Schwerer als Luft“ sich in die drei Grundrichtungen der Flugtechnik - Hubschrauber, Schwingflügler und Motorflugzeuge mit starren Tragflächen geteilt hat und dass das Problem bei den verschiedenen Entwicklungswegen gelöst worden sei. Weiterhin behauptete er, dass die Probleme der Flugstabilität, des Auftriebes und des Antriebes ebenfalls geklärt wären. Die dringlichste Aufgabe aller Luftfahrt-Ingenieure und Entwickler von Luftfahrzeugen sei jetzt die behelfsmäßigen Antriebsmittel durch starke, ausdauernde Kraftmaschinen zu ersetzten, dem Fluggerät eine bestimmte Form zu geben und für den Transport von Personen und Frachtgut weiter zu entwickeln.

Ein Aeroplan für zwei Personen

Schon  1873 begann Pénaud mit dem Entwurf eines Eindecker-Flugapparates, welcher durch zwei Propeller angetrieben werden und mindestens zwei Personen tragen sollte.

Anfang 1876 erhielt Pénaud das französische Patent mit der Nr. 111574 für diesen Flugapparat zugesprochen. In Zusammenarbeit mit seinem Mechaniker M. Gauchot, der auch schon einen künstlichen Vogel gebaut hatte, entstand ein Flugzeugzeug, welches, wie beide selbst festlegten, in die Klasse der Aeroplane einzuordnen war. Also in die Gruppe von Fluggeräten mit geneigten Flächen, die wie bei einem Flugdrachen in der Luft (auf die Luft) wirken und welche in horizontaler Richtung durch Luftschrauben vorwärtsbewegt werden.

Das Flugzeug hatte eine große elliptische Tragfläche, welche eine leicht gewölbte Form aufwies. Zusätzlich waren beidseitig zwei kleine Ruderflächen (Höhenruder) unmittelbar an der Hinterkante der Tragfläche angebracht. Diese Ruderflächen wurden durch ein Seitenruder getrennt.

Diese Steuerflächen waren ähnlich konzipiert wie beim Planophore. Sie wurden mit so genannten Kompensationsfedern bzw. Gegengewichten ausgestattet, so dass sie leicht beweglich waren und nach erfolgtem Steuervorgang sich wieder fast selbstständig in die Ursprungsstellung zurückbewegten.

Die Konstruktion der Hauptfläche sollte aus Holz oder einem leichten Metall bestehen, hatte eine kaum wahrnehmbare positive V-Form und besaß eine zusätzliche Schränkung. Die Spannweite sollte zwischen 18 und 30 m betragen um das theoretische Fluggewicht tragen zu können.

Modernste Bauweise mit Fahrwerk und verbesserter Längsstabilität

Die Schränkung in Längsrichtung war eine völlige Neuheit in der Bauart von tragenden Flächen und war so vorgesehen, dass der Einstellwinkel an der Flügelwurzel zwei Grad größer war als an den jeweiligen Tragflächenenden.  

Beide Enden waren leicht nach oben gezogen.

Dieses Merkmal sorgte für eine Verbesserung der Längsstabilität des Flugzeuges. Die V-Form der Fläche sollte eine ausreichende Querstabilität gewährleisten. Für die Ober– und Unterseite der Tragfläche war eine Bespannung mit lackierter Seide vorgesehen. Ebenfalls eine herausragende Neuheit in der Konstruktion des Flugzeuges war der Einbau eines 4-rädrigen Fahrwerks, das sogar eingezogen werden konnte. Ein absolutes Novum in der bisherigen Bauweise von Flugapparaten.

Ein Cockpit mit genialer Steuerung für den Flugzeugführer 

Unterhalb der großen Tragfläche war der Rumpf montiert, der zum Führen des Flugzeuges mindestens zwei Personen, den zum Antrieb benötigten Motor und die Nutzlast aufnehmen sollte.

Der Rumpf hatte die Form eines kleinen Bootes in dem der Steuermann sitzend oder stehend das Flugzeug bedienen konnte. Zum Schutze und zur Abweisung des Fahrtwindes war eine Glasverkleidung, ähnlich der eines Cockpits, vorgesehen.

Weiterhin war eine bemerkenswerte Neuerung in der Konstruktion der Steuerung des Fluggerätes vorgesehen. Die Ruder sollten nur mit einem einzigen Steuerknüppel bedient werden. Durch ziehen oder Drücken wurden die Höhenruder und mit einer Seitwärtsbewegung nach links oder rechts sollte das Seitenruder verstellt werden.

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Eine Dampfmaschine für den Antrieb mit zu wenig Kraft

Die Antriebsmaschine, eine leichte Dampfmaschine, sollte im vorderen teil des Rumpfes untergebracht werden und zwei gegenläufige Propeller antreiben. Beide Propeller befanden sich links und rechts des Rumpfes an der Vorderkante der Tragfläche. Pénaud’s theoretische Berechnungen ergaben, dass die Antriebsmaschine mindestens 20 bis 30 PS leisten musste um  ein Gesamtgewicht von 1.197,5 kg (incl. 2 Mann Besatzung und notwendiger Zuladung) in die Luft zu bekommen.

Das Leistungsgewicht der Antriebsmaschine sollte zwischen 6 und 10 kg pro PS liegen, das heißt, dass das Gewicht der Dampfmaschine ein Viertel des Gesamtgewichtes des Flugapparates ausmachte. Umgerechnet waren das rund 300 kg Gewicht allein für den Antriebsmotor wenn wirklich 30 PS erzeugt werden sollten. Noch utopischer erscheint die Vorstellung Pénaud’s, dass er mit diesem Gerät 60 Meilen pro Stunde (96 km/h) schnell durch die Luft fliegen wollte.

 

Ein weiterer Punkt sollte an dieser Stelle zu den technischen Parametern dieses Projektes noch angeführt werden. Octave Chanute, der große Meister der Amerikanischen Fliegerei, bemerkte zu diesem Projekt, dass die Flächenbelastung ungefähr bei fast 500 g auf 2 cm², oder anders gerechnet über 20 kg auf einen Quadratmeter Flügelfläche lag.

Ein bemerkenswerter Fortschritt in der Flugtechnik

Die technische Weiterentwicklung im Vergleich zu seinen Vorgängern kann sehr wohl als eine außerordentliche Leistung in der Entwicklung der Luftfahrt bewertet werden, denn sie hat den Wissensstand zur Lösung weiterer wichtiger Probleme des Fluges auf ein höheres und besseres Niveau gebracht.

Pénaud behandelte in seiner schöpferischen Tätigkeit immer wieder offene Fragen der Flugtechnik und Probleme des Fluges, welche bis dahin noch nicht beantwortet waren. So hatte er als Erster die richtige Erklärung für den Segelflug der Vögel. Er erklärte die Gewährleistung der Längsstabilität durch Verwindung der Tragflächen und damit einen zusätzlichen Sicherheitsfaktor beim Führen eines Luftfahrzeuges.

Leider unterschätzte Pénaud den Leistungsbedarf seines Flugapparates. Er ging auch Fehl in der Annahme, dass es ausreichend sei, theoretisches Wissen zu besitzen und damit ein Flugzeug zu bauen, um das Problem des mechanischen Fluges zu lösen. Fehlende Geldmittel verhinderten den Bau dieses genialen Flugzeugentwurfs.

Unglücklich über den Stillstand bei der Realisierung seines Projektes starb Alphonse Pénaud nicht ganz 30-jährig im Oktober 1880. Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, sicherlich auch beeinflusst durch seinen schlechten Gesundheitszustand, brachten ihn dazu, selbst Hand an sich zu legen.

Ungefähr zwei Jahre später baute Alexander Moshaiski ein großes Manntragendes Flugzeug.  



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Planophore 1871
​Seitenriss des 2-Personen-Flugzeugs mit schematischer Darstellung des einziehbaren Fahrwerks

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