So geschah es bereits 1852, dass der Franzose Michel Loup einen Motorflugapparat in Eindecker-Bauweise entwarf, der bei Draufsicht einem Vogel sehr ähnlich war. Dieses Fluggerät sollte zwei große Luftschaufel-räder erhalten, welche den Vortrieb gewährleisten sollten, sowie ein dreirädriges Fahrwerk. (Siehe Abbildung)
In seiner Ausführung war dieses Projekt eher ein Rückschritt gegenüber dem von Henson im Jahre 1843.
Ein weiterer Franzose beziehungsweise zwei Franzosen haben für besondere Aufmerksamkeit gesorgt. Es waren die Brüder Felix (1823-1890) und Louis du Temple de la Croix (1819-1889 und kurz nur du Temple genannt). Bereits 4 Jahre nach Henson ließen sich die Brüder ein Projekt patentieren, welches in seinem Aussehen schon recht gewaltig war.
Von den Grundzügen her verfolgten sie Hensons Erkenntnisse und entwarfen einen Eindecker mit zwei festen geraden, nach vorn in Flugrichtung gepfeilten Flügeln und planten den Einsatz einer Hochdruck-Dampfmaschine, die mindestens 6 PS erzeugen sollte.[1] Bevor die Brüder das Patent übernahmen, bauten sie aber erst ein maßstabgetreues Modell mit einer kleinen Dampfmaschine.
Das besondere an diesem Projekt war, dass das Flügelpaar zwar gerade am Rumpfgestell angebracht war, aber der Flugapparat, insgesamt durch die Konstruktion des doch sehr stelzigen Fahrwerks mit einer Neigung der hinteren Flächenkante nach unten, hecklastig aussah. Durch diese Schrägstellung der Flächen sollte eine Auftriebswirkung durch den Luftstrom erzeugt werden, der jetzt unter die schräg gestellte Fläche wirkte. Bei ca. 32 km/h sollte der Apparat durch den Auftrieb abheben. Die Flügelkonstruktion sollte aus gebogenem Holz oder Metall gefertigt und die Flächen mit industrieller Seide oder anderem feinem Material bespannt werden.
Nach Aussage von Louis du Temple soll das Modell einwandfreie Bodenstarts ausgeführt haben. Beweise für diese Aussage gibt es leider nicht. Die Spannweite des Fluggerätes betrug 17 m und der Durchmesser der riesigen Luftschraube 4 m. Wie bei Henson befand sich das Leitwerk, wie auf der Skizze links sehr gut zu sehen, unmittelbar hinter den Tragflächen am Rumpfheck. Eine Vorrichtung für die Quersteuerung gab es wie bei Henson nicht. Die Länge des Rumpfes maß 4,30 m. Die Brüder du Temple unterschätzen ebenfalls den Leistungsbedarf dieses 1000 kg schweren Gerätes, da konnte auch nicht der 12-blättrige Propeller, oder sollte man lieber Schaufelrad sagen, darüber hinweg täuschen. Die Brüder erkannten zwar das schwächste Glied ihres Projektes, der Motor, aber es gelang ihnen erst 1876 eine leichte Dampfmaschine zu entwickeln und patentieren zu lassen. Ein etwas abgewandeltes Fluggerät soll 1874 in Brest, Frankreich begonnen worden sein. Es sollte einen Mann tragen und wog ohne ihn nur 75,5 kg und die Flügelspannweite sollte 12,2 m messen. Die Gesamtkosten für den Bau dieses Gerätes wurden mit $ 6.000 veranschlagt.[1] Leider hatten die Brüder du Temple nicht das nötige Kleingeld um ihr Fluggerät zu realisieren und so erging es ihnen wie Henson.
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Im Jahr 1868, also im gleichen Jahr als Stringfellow sein Flugmodell im Crystal Palace vorführte, wurde dem Engländer Matthew P.W. Boulton ein Patent zugesprochen, welches die Arbeit des letzten Steuerelements an einem Flugapparat, das Querruder, definiert. Zwar wurden zu einer Art Querruder-Steuerung durch d`Esterno und durch le Bris [1],[2], zu denen nachfolgend noch einige Worte folgen sollen, schon einige Erkenntnisse abgegeben. Aber eine intensive Nutzung dieses Patentes konnte in den folgenden Jahren leider nicht festgestellt werden. Obwohl Boultons Arbeit sehr bedeutend war, denn sie stellte das letzte Steuerelement „Querruder“ dar, wurde seine Arbeit bei weiteren Experimenten anderer Flugpioniere nicht mit einbezogen.
Boulton erklärt in seiner Patentschrift, dass es wichtig sei bei dem Führen eines Luftfahrzeugs eine Seiten- und Höhensteuerung nutzen zun können. Es aber noch wichtiger sei eine Quersteuerung zu besitzen, um ein Rollen bzw. Drehen um die Längsachse zu verhindern und somit eine vollkommene Sicherheit beim Fliegen zu gewährleisten. Ganz klar erklärt er in seiner Patentschrift wie diese Quersteuerung zu handhaben ist.
Mit Hilfe von Flügeln oder kleinen beweglichen Flächen, welche mit den Armen des Bedienenden verbunden sind und vom Rumpf des Flugschiffes aus in ihrer Einstellung verändert werden können, soll das Drehen um die Längsachse verhindert werden. Diese Flächen, wenn sie nicht benötigt werden, sollten in der Waagerechten gehalten werden. Somit ergibt sich auch kein Widerstand für die Fortbewegung Schiffes. Sollte jetzt der Rumpf beginnen sich um seine eigene Längsachse zu drehen, dann müssten die Steuerflächen so angestellt werden, dass die aufsteigenden Seite hinab gedrückt und die absteigende Seite durch den Winddruck hinauf bewegt wird.
Weiter schlug er einen Mechanismus für eine selbstständige Quersteuerung vor, so eine Art halbautomatischer Pilot, der zusätzlich auch die Höhen-und Seitensteuerung kontrollieren sollte.
Das Fluggerät sollte damit am „Rollen“ gehindert und auf Kurs und Höhe gehalten werden. Eigentlich eine bahnbrechende Erfindung die Boulton da vorstellte, aber leider wurde in den darauf folgenden Jahrzehnten dieses Patent anscheinend von allen Experimentatoren völlig ignoriert oder zumindest unterschätzt. Die Ursache lag mit Sicherheit daran, dass es sich hierbei um eine Steuerung für Luftschiffe handelte und keiner auf die Idee kam diese Technik auch für Flugzeuge anzuwenden.
Völlig unabhängig von Boulton erfanden und entwickelten die Brüder Wright einen solchen Mechanismus, der sich dann in den Verwindungen an den äußeren Enden der Tragflächen ihrer Flugapparate dokumentierte.
Der französische Forscher Philipe d’ Esterno[3] veröffentlichte im Jahre 1864 seine Schrift „Über den Flug der Vögel“. Jahrelange Naturbeobachtungen veranlassten ihn dazu diese Erkenntnisse nieder zu schreiben. Vor allem die Beobachtungen großer Raubvögel, welche lange Zeit ohne einen Flügelschlag segeln konnten, brachten ihn zu der Aussage, dass Segeln ohne Wind nicht durchführbar ist. „…aus dem Wind, wenn er weht, eine bestimmte Kraft hervorgeht, welche einen künstlichen Antrieb (Motor) nicht nötig werden lässt…“[4]
Diese Bemerkungen seien hier nur kurz am Rande ausgeführt, da die Erkenntnisse d' Esternos doch hauptsächlich in den Bereich der Gleitflieger fällt was die Konstruktion angeht. Die Aussage, dass aus dem Wind eine bestimmte Kraft hervorgeht, wird lediglich aus der Beobachtung des Flugverhaltens der Vögel abgeleitet. Wie es aber zu diesem Flugzustand kommt, auch ohne horizontale Winde fliegen zu können, wird nicht erklärt. Die Ursachen der thermischen Aufwinde bleiben somit noch ungeklärt. D` Esternos Erkenntnisse zum Bau eines Flugapparates sollten an dieser Stelle erwähnt werden, da sie doch grundlegende Konstruktionsmerkmale aller Arten von Fluggerät betrifft.
Quellen:
[1] siehe auch: Octave Chanute „Progress in Flying Machines“, Aeroplanes, Part IV, Sept. 1892
[2] Wissmann, S.252
[3] Vollständiger Name: Le Comte Ferdinand Charles Honore Phillipe d’Esterno
[4] Octave Chanute „Progress in Flying Machines“, Aeroplanes, Part IV, Sept. 1892
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